Zum hauptinhalt springen

Leander's Blog

Instagram Global Book-Exchange

Instagram Global Book-Exchange

Wer auf Instagram unterwegs ist, der hat bestimmt schonmal davon gehört:

Dem Global Book Exchange. Aber was hat es damit auf sich? Bekommt man tatsächlich Bücher? Ist das Ganze ein Pyramidensystem? Das und vieles mehr habe ich in diesem Artikel recherchiert und zusammengetragen - Enjoy! 🤓

Kurzer Überblick über die Ausgangslage 📚 #

Gesehen sollten wir es alle schon haben, hier aber nochmal für die out-of-the-loop people:

Auf Instagram kursiert seit einiger Zeit (seit wann genau, dazu komme ich noch später) eine Art Kettennachricht beziehungsweise Ketten-Story. In dieser Story wird ein “Global Book Exchange” beworben, bei dem man selbst nur 1 einziges Buch verschickt, aber 1 bis maximal 36 Bücher erhalten kann.

Dieses Angebot warf bei mir (sowie bei vielen anderen Menschen) Fragen auf, darunter:

Wie soll das funktionieren?

Handelt es sich um einen Scam?

Woher kommt diese Idee?

Wer hat sie ins Leben gerufen?

Da ich nicht mit unbeantworteten Fragen leben kann:

Time to find out! 🧐

Let’s join and see what happens? #

Ich habe einige Leute angeschrieben, die auf ihrer Story diese Kettennachricht geteilt haben und ihnen gesagt, dass ich auch gerne Teil davon sein möchte.

Popular GIF of Mroty from Rick and Morty snapping his fingers while saying 'You son of a bish I'm in'

Daraufhin bekommst du als neuer Teilnehmer in diesem globalen Regelwerk des Geben-und-Nehmens zwei Copy-Paste-Nachrichten zugeschickt:

Zuerst kommt ein Text mit den Anweisungen, an wen du dein Buch schicken sollst:

Here’s the person you’ll send a book to:

*Die Adresse von einer Person*

For the exchange, post the text (in the next message) to your story.

When someone responds, send them this message but swap out the address above for my address below,

so that whomever responds to your post will send a book to me!

This doesn’t work if you don’t repost, so try and keep it up!

Lastly, put your own address below (where mine is currently) so that whomever replies to them will send a book to this adress:

*Deine Adresse*

Der zweite Text ist der uns allbekannte Werbetext, den du anschließend selbst in deine Story kopieren sollst:

Here’s the text to add to your story:

I’m looking for people to participate in a huge book exchange. You can be anywhere in the world.

All you have to do is buy your favorite book (just one) and send it to a stranger

(I’ll send their details through in a private message).

You’ll receive roughly a maximum of 36 books back to you, to keep.

They’ll be favorite books from strangers around the world!

If you’re interested in taking part, please send a message saying “IN”

Was mich anfangs ein wenig verwundert hat, war die Adresse, die mir bei der ersten Nachricht zugeschickt wurde.

Denn das war definitiv nicht die Adresse der Person, die mir die Nachricht geschickt hat 🧐

Don’t share your info online, please #

Die Verwunderung war schnell wieder vorbei, nachdem ich mir den Rest der ersten Nachricht genau durchgelesen hatte:

Die Adresse stammt nicht von der Person, die du angeschrieben hast, sondern von der Person eine Ebene über der Person, die du angeschrieben hast.

Das heißt, wenn du deine Adresse mit einem deiner Follower teilst, hast du eigentlich keine wirkliche Kontrolle, bei wem deine Adresse am Ende in den DMs landen wird.

Bild von Gru aus dem Film 'Ich einfach unverbesserlich' wie er seinen großen Plan vorstellt und dabei draufkommt, dass der Plan nicht gut ist. Text: Erstens, Leute reagieren auf deine Story. Zweitens, du schickst Ihnen deine Adresse. Drittens: Deine Adresse wird weitergegeben. Gru schaut ungläubig auf den Satz 'Deine Adresse wird weitergegeben'

Da ich ja nicht viel von der menschlichen Intelligenz halte (vor allem wenn es um moralische und ethische Fragen geht), dachte ich bei dieser Adress-Weitergeberei sofort daran, wie das jemand ausnützen könnte. Es ist eigentlich ziemlich einfach:

  1. Person, deren Adresse man haben möchte, nimmt Teil am Exchange
  2. Du schreibst der Person, dass du mitmachen möchtest
  3. Die Person gibt dir ihre Adresse

oder alternativ dazu (ersten 2 Schritte sind ident)

  1. Die Person leaves you on read1 😢
  2. Du findest heraus, welche ihrer Follower diesen Text kurze Zeit später in ihrer Story teilen
  3. Du schreibst besagte Follower an
  4. Die Person hat indirekt ihre Adresse mit Unbekannten geteilt 😶

Not so good 😬

Wir kennen die Theorie, wie steht’s mit der Praxis? 📖 #

Die grundlegende Funktionsweise dieses Exchange’ ist uns nun bekannt, jedoch habe ich noch nicht verraten, ob was aus den versprochenen Büchern wird. Zur maximalen Anzahl von 36 Büchern kann ich sagen, dass theoretisch kein Limit nach oben besteht.

Die Zahl 36 errechnet sich, wenn man selbst 6 Leute anwerben kann, die wiederum jeweils 6 Leute finden - So kommt man selbst zu seinen 36 Büchern.

Das ist auch der Part, der so nach Pyramidensystem-💩 riecht #

Jim Halpert aus der Serie 'The Office' zeichnet auf ein Flipchart ein Dreieck Denn selbst wenn du es schaffst, 100 Leute dazu zu bringen, beim Exchange mitzumachen, ist das keine Garantie dafür, dass du jemals selber ein Buch bekommen wirst. Natürlich, bei 100 Leuten werden es ein paar schon schaffen, wieder neue Teilnehmer anzuwerben, aber es gibt keine Garantie, dass du ein Buch bekommen wirst.

Ich habe übrigens bei allen Personen die bei dem Exchange mitgemacht haben bzw. den Text in ihrer Story hatten, nach ca. 2 Wochen nochmal nachgefragt, ob sie bereits Bücher bekommen haben.

Und tatsächlich: They got books!

Eine Zeitraffer eines wachsenden Bücherstapels

Aus der kleinen Menge an Leuten lässt sich leider keine gute Prognose ableiten, aber so viel sei gesagt:

Das Maximum an Büchern für eine Person waren 5

Manche haben gar keine Bücher erhalten 😔

Die meisten bekamen zwischen 1-3 Büchern

Somit lassen sich zwei Dinge festhalten:

  • Es ist per se kein Scam, auch wenn der Exchange ebenfalls auf einem Rekrutierungssystem basiert
  • Leute haben Bücher bekommen!

Aber woher kommt der Spaß jetzt eigentlich? 🔍 #

Den ersten Artikel, der sich ebenfalls mit dem Exchange befasst, ist von 20162. Damals ging der Exchange noch auf Facebook um. Das deckt sich auch ziemlich gut mit dem ersten Spike an Suchanfragen nach dem Book Exchange. Ich habe mal ein wenig ge-Google-Trendet und habe diese hübschen Begriffe miteinander verglichen:

📘 Book Exchange Facebook
📕 Book Exchange Instagram
📙 Book Exchange Scam

Hier sind die Ergebnisse: 📈 📈 📈

Google Trend Grafik, welche die Begriffe 'Book Exchange Facebook', 'Book Exchange Instagram' und 'Book Exchange Scam' miteinander vergleicht. Was mir sofort aufgefallen ist:

Früher war Facebook wirklich populärer als Instagram!

Dann habe ich mir den Graphen ein bisschen genauer angesehen und folgendes festgestellt:

Menschen sind sehr skeptisch 🧐 - super! #

Jedes Mal, wenn auf Instagram oder Facebook der Exchange wieder rumkursiert, steigt auch das Volumen der “Ist-das-ein-Scam”-Suchen. Very good 📙

Instagram scheint kurzlebiger zu sein #

Der Schein trügt jedoch, denn auf Facebook gibt es viele Organisationen, die seriöse Bücheraustausche durchführen. Danach suchen Leute natürlich auch abseits der viralen Trend-Zeiten. Wenn man das im Hinterkopf behält und sich zusätzlich die Scam-Suchen anschaut, sieht man, dass beim ersten Peak im Sommer 2018 und im Jänner 2022 sowohl auf Facebook als auch auf Instagram die Kettennachricht gleichzeitig ziemlich viral ging.

Woher das alles kommt: #

🤷‍♂️ We simply don’t know. Einige Quellen sagen, es handelt sich dabei um einen Weihnachtszeit-Scam, der auf Bücher reduziert wurde:

Der ursprüngliche Scam mit dem Namen “Secret Sister”3 hat ca. 2015 angefangen. Hier ging es darum, Geschenke im Wert von 10$ zu verschicken und bis zu 36 Geschenke dann selbst zu erhalten. Die Zahl 36 kommt wohl von diesem ursprünglichen Scam.

Wer allerdings den Secret-Sister-Scam ins Leben gerufen hat bzw. das ganze auf einen Book-Exchange umfunktioniert hat: 🤷‍♂️ 🤷‍♂️ 🤷‍♂️

Dwight Schrute aus der Serie 'The Office' trägt eine knall-orangene Mütze und sagt: 'It's a Christmas miracle!'

Meine persönliche Theorie, wieso der Book-Exchange nun seit 6 Jahren immer wieder funktioniert und sein Unwesen auf sozialen Medien treibt, ist folgende:

Leute sind neugierig und wägen die Kosten ab #

Menschen sind neugierige Wesen, vor allem bei too-good-to-be-true Angeboten wollen wir wissen, was es damit auf sich hat. Der Preis um zu testen, ob der Book Exchange funktioniert:

Ein Buch, an dem man nicht allzu sehr hängt + die Versandkosten.

Dieser kleine Einsatz für potenzielle 36 Bücher ist nunmal ein wirklich gutes Geschäft. Auch wenn man nur 1 bis 3 Bücher im Durchschnitt erhält: Das Buch, das man verschickt, kann man sich im schlimmsten Fall einfach nochmal neu kaufen.


  1. For all the boomers out there: Left on read ↩︎

  2. 📰 Business Insider 2016 ↩︎

  3. Es gibt sogar einen Wikipedia-Artikel! ↩︎